Als Kinderarzt in Togo –

Von: Dr. Wolfgang Diebold

Auf was habe ich mich da eingelassen? Was erwartet mich? Nach 2022 jetzt 2024 zum zweiten Mal mit „Hilfsaktion TOGO/Togoville“ zu einem humanitären Einsatz in diesem kleinen zentralafrikanischen Land. Und diesmal ganz tief in meinem „Kerngeschäft“ Kinderheilkunde. Dort wo die Kinder sind, wenn nichts mehr geht – in der Kinderklinik. Nachdem alle Formalitäten mit den zuständigen Behörden vorab geklärt waren, konnte ich gleich nach unserer Ankunft als Gastarzt in der Kinderklinik, im kleinen Städtchen ANEHO an der Grenze zu Benin mitarbeiten. Kranke Kinder und Kinderkliniken kenne ich nach vielen Berufsjahren gut. Dachte ich. Aber schon am ersten Tag wurde mir klar, dass ich Gast einer ganz anderen Realität bin. Kinderheilkunde und eine Kinderklinik in TOGO – das ist wie die Entdeckung eines neuen Kontinents. Schnell wurde mir klar. Da hast Du kaum Ahnung, da bist du Lernender, da ist fast alles irgendwie ganz anders.

Alle Kinder die, meist erst nach längerer Krankheitsvorgeschichte, in der Klink ankommen sind schwer, ja schwerstkrank. Sie werden erst gebracht, wenn nichts mehr geht. Warum? Arzt, Klinik, Medizin – das kostet Geld. Jede Konsultation, jedes Medikament, jedes Infusionssystem, jede Spritze, jede Blutuntersuchung, jedes Röntgenbild – es ist die Familie, die dafür bezahlen muss. Eine Krankenversicherung haben in Togo nur ein paar Prozent der Bevölkerung. Und die Versicherung deckt auch nur einen Teil der Kosten ab. Es muss immer irgendwie, irgendwas bezahlt werden. Und die allgemeine Armut ist eines der großen Probleme im Land. Viele Familien leben von der Hand in den Mund, viele Kinder gehen nur periodisch in die Schule da sie schon von klein auf zum Einkommen der Familie beitragen müssen. Oder das Geld reicht gerade noch für die Schulausbildung der Kinder aber für nichts Anderes. Und auch die Kliniken haben nichts. Da gibt es keinen Vorrat an Spritzen, keine Schläuche, keine Nadeln, keine Reagenzien fürs Labor. Oft auch kaum Geräte. Das muss „erwirtschaftet“ werden. Daher muss der Kunde „Patient“ bezahlen.

Zu meinem Erstaunen – es gab auch nur ganz wenig ausgebildete Ärzte mit längerer Berufserfahrung im Krankenhaus. In der Kinderklinik gab es keinen einzigen Arzt. Es gab Schwestern und Pfleger und die sog. medizinischen Assistenten. Eine Schwester oder ein Pfleger mit einer intensivierten Ausbildung mit fachspezifischen deutlich erweiterten Kenntnissen. Und sie verantworten Diagnose und Therapie in der Kinderklinik. Und sie machen das sehr sehr gut! Ich konnte nur staunen und bewundern, wie mit einfachsten Mitteln aber mit enormer Erfahrung und viel Herz immer wieder, auch schwerstkranke Kinder, versorgt und geheilt werden konnten. Meist aufgrund der sehr begrenzten materiellen und personellen Ressourcen leider nicht immer.