Selom – der Elektriker, der zum Gemüsebauer wurde –

Sonntag, 19. November, 5:30 h. Der Tag ist noch nicht angebrochen, als Selom auf seinem Motorrad auf seinem ersten Acker eintrifft. Die Regenzeit neigt sich dem Ende zu, die Sonne steht noch nicht am Horizont. Das ist ein günstiger Zeitpunkt zum Gießen. Selom pachtet fünf Äcker mit einer Gesamtfläche von einem Hektar. Vor einigen Wochen hat er Erdnüsse gesät, die Samenkörner kosten nicht allzu viel und sie brauchen keinen Dünger, denn Seloms finanzielle Lage ist prekär. Der Verkaufspreis für Erdnüsse ist niedrig, aber dennoch erwartet er einen kleinen Gewinn.

Seit 2007 bauen Selom, seine Frau und seine Kinder je nach Jahreszeit Karotten, Zwiebeln, weißen Pfeffer, rote Rüben, Gurken, Tomaten und Erdnüsse an. Sie verkaufen ihre Waren auf dem Großmarkt in Lomé an Einzelhändler, die wiederum die Märkte der umliegenden Dörfer beliefern. Wenn Selom über die Mittel für den Kauf von Saatgut und Dünger verfügt, kann er dank einer halbautomatischen Berieselungsanlage, die er selbst konstruiert und installiert hat, in 12 Monaten vier Ernten einfahren.

Selom, 45, hat mit seiner Frau Prudence drei Kinder. Quentin, 19, hat im Juni Abitur gemacht und studiert Informatik. Justine, 16, besucht die 11. Klasse des Gymnasiums in Agbodrafo und die 11-jährige Léonie ist in der Klasse CM2 der Grundschule in Agbodrafo.

Kurz vor Weihnachten 2019 ist Seloms Bruder bei einem schweren Motorradunfall ums Leben gekommen. Er hinterlässt 2 Kleinkinder und eine schwangere Frau. Nach der Niederkunft verlässt die Frau ihre Familie und Selom nimmt seine 3 Nichten und Neffen bei sich auf und muss fortan drei weitere Kinder ernähren: Kim 9 Jahre, Lite 7 Jahre und das Baby Adjo.

Eigentlich ist Selom ausgebildeter Elektriker. Er liebt seinen Beruf, aber es besteht kaum Nachfrage nach Elektrikern. Einzig und allein die Baustellen, für die unser Verein verantwortlich zeichnet, sind für ihn eine Einnahmequelle. Daher beschließt er, sich voll und ganz auf den Anbau von Gemüse zu spezialisieren, um seine Familie mit 6 Kindern durchzubringen. 2020 ist ein besonders schwieriges Jahr: Dürre, Corona-Pandemie, die Familie wird kaum satt. Aber Selom klagt nicht, sondern packt weiterhin an, denn er ist davon überzeugt, dass bessere Zeiten anbrechen werden und dass sich seine Anstrengungen eines Tages auszahlen werden. 2020 wurde Selom zum Vorsitzenden des Elternbeirats der Grundschule in Agbodrafo gewählt. Eigentlich wollte er nicht kandidieren, aber viele Eltern haben ihn gedrängt, sich dieser Aufgabe als Vater von 6 Kindern zu stellen. Das Schuljahr 2021 begann unter keinen guten Vorzeichen, da die Anzahl der Schüler pro Klasse erheblich die vom Bildungsministerium festgelegte Obergrenze überschritt und die Klassen auf Anweisung geteilt werden mussten, obwohl keine weiteren Räumlichkeiten vorhanden waren. Selom organisierte mit Hilfe von weiteren Eltern die Umgestaltung von zwei leerstehenden Räumen des Kindergartens in Klassenzimmer sowie die Renovierung eines Lagers, wodurch 180 Schüler provisorisch in das neue Schuljahr starten konnten. Da sich in der Zwischenzeit die Bedingungen weiter verschlechtert hatten, nahm Selom im November 2022 während unseres Besuchs in Togo Kontakt mit uns auf, um uns auf die fehlenden Räumlichkeiten aufmerksam zu machen. Bei einer Begehung ermittelten wir den Bedarf vor Ort und stellten nach unserer Rückkehr einen Projektantrag bei der Stiftung Fly & Help zwecks Finanzierung. Bereits nach zwei Wochen fanden sich Spender für das Projekt, der Spatenstich erfolgte am 27. Juli 2023, die Einweihung des neuen Gebäudes mit 4 Klassenräumen für 237 Schüler fand am 21. November statt. Selom ist glücklich, dass seine Bemühungen zu einer erheblichen Verbesserung der Lernbedingungen geführt haben. Während unseres Besuchs im November hatten wir einen regen Austausch mit Selom, seinen Kindern, den Eltern anderer Schüler, den Lehrern und dem Direktor der Grundschule. Selom ist ein Vorbild für alle und wird für sein Engagement allseits geschätzt.

Vor unserer Rückreise haben wir Selom gefragt, was er am dringendsten benötigt, um mit seiner Familie ein sorgenfreies Leben führen zu können. Seine Antwort kam umgehend: Einen Mikrokredit für den Kauf von Saatgut, Setzlingen und Düngemittel.

Wir haben seinem Wunsch entsprochen und im März 2024 wird Selom erstmals die Gemüsesorten anbauen können, die für sein Auskommen erfolgversprechend sind.

Patrice Sautier

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